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RESTRUKTURIERUNGSMAGAZIN | |
Zeitschrift für Restrukturierung, Sanierung und strategische Unternehmensführung | ISSN 1867-7517 www.restrukturierungsmagazin.de |
Düsseldorf - Alemannia Aachen, Kickers Offenbach, VfL Osnabrück und VfB Lübeck - immer wieder geraten traditionsreiche Fußballvereine in große finanzielle Schwierigkeiten oder werden gar insolvent. Fehlt der Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, verweigert oft auch der Ligaverband die Lizenz für die bisherige Spielklasse, wie zuletzt beim Bundesliga-Gründungsmitglied MSV Duisburg. Dr. Utz Brömmekamp, Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung GmbH in Düsseldorf und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. (DGfKM), begleitet den Club auf dem Weg der Gesundung. Im Gespräch mit dem Restrukturierungsmagazin erläutert er, welche Hürden dabei zu nehmen sind.
Restrukturierungsmagazin: Im November 2012 spitzte sich die Situation beim MSV Duisburg so dramatisch zu, dass sogar vom "Ende des Profifußballs in Duisburg" die Rede war. Seit der Saison 2013/14 spielt der Verein in der 3. Liga und scheint das Gröbste überstanden zu haben. Welche Restrukturierungsmaßnahmen mussten dafür eingeleitet werden?
Dr. Utz Brömmekamp: Die wirtschaftliche Schieflage des MSV deutete sich bereits früher als im November 2012 an, wurde aber durch die ausgesprochen erfolgreiche Zweitliga-Saison 2010/2011 mit den üppigen Einnahmen aus der für den MSV Duisburg gänzlich unerwarteten und ungeplanten Teilnahme am Deutschen Pokalfinale kaschiert.
Wie auch andere Vereine wurde der MSV u.a. Opfer eines strukturellen Defizites im bezahlten Fußball. Haupteinnahmequelle neben Sponsoring-Erlösen sind die Erlöse aus der medialen Verwertung. Diesbezüglich sind die Unterschiede bei den Fernsehgeldern zwischen der 1. und 2. Liga, erst recht im Vergleich zur 3. Liga für Vereine, die nicht einigermaßen gesichert einer Liga angehören, einfach zu groß.
Nach zwei sportlichen Abstiegen von der 1. in die 2. Liga innerhalb von nur vier Jahren war es kaum möglich, Kostenstrukturen ebenso schnell anzupassen, wie die TV-Erlöse zusammenschrumpften. Beim MSV kamen nach dem Abschied des Präsidenten und Großsponsors Walter Hellmich im Jahr 2010 Gremien- und Führungskämpfe hinzu, die den wirtschaftlichen Niedergang begleiteten.
Neben der Beseitigung anhaltender Grabenkämpfe und der Befriedung der Gremienstreitgkeiten ging es insbesondere um eine nachhaltige Entschuldung und wirtschaftliche Konsolidierung. Derzeit ist der Kraftakt fast abgeschlossen, einerseits durch umfängliche Verzichte und Stundungen mit sämtlichen Gläubigern wirtschaftliche Stabilität und Zukunftsfähigkeit wiederherzustellen, und andererseits das Stadion von privaten in städtische Hände zu überführen, damit auch das bürgende Land zu einem Beitrag in der Lage ist.
Restrukturierungsmagazin: Fußballclubs sind oft eng mit der Kommunalpolitik verbunden. So konnte der VfL Osnabrück nur durch ein 3,6-Millionen-Darlehen von der Stadt vor einer Pleite gerettet werden. Das ruft nicht selten die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan, die eine versteckte Beihilfe wittern. Wie konnte diese Klippe beim MSV Duisburg umschifft werden?
Dr. Utz Brömmekamp: Die kommunalen Beiträge wurden sorgfältig auf etwaige beihilferelevante Tatbestände geprüft und für EU-rechtskonform erklärt. Die Stadt Duisburg stellt dem MSV keine Finanzmittel zur Verfügung.
Restrukturierungsmagazin: Während sich die Kunden von Krisenunternehmen meist schnell abwenden und neu am Markt orientieren, bleiben Fußballfans ihren Clubs oft auch in schweren Zeiten treu. Der FC St. Pauli hat diese emotionale Bindung für innovatives "Crowdfunding" genutzt. Auch beim MSV Duisburg war eine Fananleihe im Gespräch. Welche Chancen räumen sie solchen finanziellen Sanierungsinstrumenten bei Fußballvereinen ein?
Dr. Utz Brömmekamp: Die MSV-Fananleihe wurde bereits aufgelegt, allerdings bislang nur im bescheidenen Umfang gezeichnet, was allerdings nicht verwundert, solange die umfängliche Rettungsaktion noch nicht endgültig in trockenen Tüchern ist.
Bei solchen Anleihen kommt aus meiner Sicht dem Prospekt und der Dokumentation eine besonders große Bedeutung zu. Auch nicht professionelle Anleger müssen wissen, dass ein Invest in den Profisport besonders risiko- und ausfallbelastet ist, was sich in der Höhe des Coupons häufig nicht ansatzweise wiederspiegelt.
Bei derartigen Fan-Anleihen gibt es zumeist zwei Anlegertypen: Zum einen den klassischen Fußballfan, der aus Treue zu seinem Verein kleine Anteile zeichnet und deren Verlust von vorne herein nicht ausschließt, vielmehr billigend in Kauf nimmt. Und zum anderen den durchaus Kapitalmarkt-erfahrenen Investor mit einer gewissen Affinität zum Fußball, der aber sehr wohl abwägt, ob sein Geld einigermaßen sicher und renditefest angelegt ist. Nur mit diesen Investoren lassen sich dann auch ernstzunehmende Emissionsvolumina erreichen.
© 2014 Krisennavigator. Alle Rechte vorbehalten.
Stand der Informationen: 18. April 2014.
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