Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 12 (Dezember) - ISSN 1619-2389
 
 RESTRUKTURIERUNGSMAGAZIN
   Zeitschrift für Restrukturierung, Sanierung
   und strategische Unternehmensführung
   ISSN 1867-7517
   www.restrukturierungsmagazin.de

"Auch solvente Kreditinstitute werden angehalten sein, Sanierungspläne zu erstellen"

Klagenfurt - Ob WestLB, HSH Nordbank oder Commerzbank - auch Großbanken bleiben von Schieflagen nicht verschont. In Österreich wurde 2009 die Hypo Alpe Adria verstaatlicht, um weiterhin die gesetzlichen Eigenkapitalvorschriften erfüllen zu können. Doch wie saniert man eigentlich eine Großbank? Im Gespräch mit dem Restrukturierungsmagazin erläutert Dr. Julius Freiherr Grote, wie Kreditinstitute neu ausgerichtet werden. Er leitete seit 2011 zunächst die Abteilung Strategische Projekte, nunmehr die Organisation und das Projektbüro bei der Hypo Alpe Adria in Klagenfurt und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. (DGfKM). Seine Antworten gibt er lösgelöst vom aktuellen Arbeitgeber.

Restrukturierungsmagazin: Bei notleidenden Banken schaltet sich - früher und stärker als bei Unternehmen - die Politik in das Krisenmanagement ein und notverstaatlicht kurzerhand das betreffende Kreditinstitut. Wie unterscheidet sich im Lichte dieser besonderen Eigentümerstruktur das Restrukturierungsmanagement in einer notverstaatlichen Bank von dem in einem notleidenden Industrieunternehmen?

Dr. Julius Freiherr Grote: Ein erster Unterschied der Restrukturierung eines systemrelevanten Bankinstituts gegenüber der eines Industrieunternehmens stellt die Fokussierung auf die finanzielle Restrukturierung mit staatlicher Unterstützung dar. Die öffentliche Hand stellt zur Deckung der aufsichtsrechtlichen Liquiditäts- und Eigenmittelanforderungen Finanzmittel bereit, um auf diese Weise sowohl einen drohenden unkontrollierten Abzug von Kundengeldern ("bank run") als auch eine systemische Ansteckung weiterer - solventer - Institute zu vermeiden.

Ein zweiter Unterschied liegt in der früheren Möglichkeit bankaufsichtsrechtlicher Eingriffe in das insolvenzrechtliche Sanktionssystem bereits unterhalb der Schwelle einer Insolvenzreife, die sowohl eine strategische wie operative Restrukturierung beeinflussen können. Derartige Eingriffe stellen etwa Beschränkungen für Kreditgeschäfte, die Untersagung von Entnahmen durch Inhaber oder die Anweisung risikomindernder Maßnahmen dar.

Ein dritter Unterschied stellt eine noch intensivere Kommunikationsarbeit nicht nur gegenüber Mitarbeitern und Kunden bzw. Öffentlichkeit, sondern speziell auch gegenüber politischen Stakeholdern wie EU-Kommission und Eigentümer sowie – speziell bei internationalen Bankengruppen – eine parallele Kommunikation gegenüber allen betroffenen lokalen Aufsichtsbehörden und Notenbanken dar.

Als Folge der Finanzkrise wird aktuell auf europäischer und nationaler Ebene eine Verfeinerung der Jurisdiktion zur Stabilisierung der Finanzmärkte wie auch zur Bankenrestrukturierung diskutiert. Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission im Jahr 2012 in der Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) ihre Pläne zur Sanierung und Abwicklung von Banken veröffentlicht und Ende Januar 2014 den Entwurf einer Trennbankenverordnung vorgelegt. Auf nationaler Ebene wurde in Deutschland im Jahr 2011 das Restrukturierungsgesetz bzw. im letzten Jahr das Trennbankengesetz verabschiedet, ergänzt durch die im Entwurf vorliegenden Mindestanforderungen an die Erstellung von Sanierungsplänen (MaSan). In Österreich wurde Anfang 2014 das Bankeninterventions- und restrukturierungsgesetz (BIRG) eingeführt.

Im Kern postulieren die aufgeführten Initiativen eine noch präventivere Erstellung von Sanierungs-, Reorganisations- und Abwicklungsplänen, weiterführende aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Frühintervention, Instrumente im Falle einer erforderlichen Abwicklung sowie eine Ausgliederung bestimmter Geschäfte in separate Einheiten. Zusammenfassend wird die Restrukturierung einer Bank im Vergleich zu einem Industrieunternehmen zukünftig noch deutlicher von aufsichtsrechtlichen Eingriffen flankiert werden und auch solvente Institute werden angehalten sein, Sanierungspläne zu erstellen.

Restrukturierungsmagazin: Europäische Großbanken sind zumeist international tätige Konzerne mit einer Vielzahl von Landes- und Tochtergesellschaften, die ihrerseits höchst individuelle aufsichtsrechtliche Vorgaben in den einzelnen Ländern zu beachten haben. Welchen Meilensteinen folgt eine Bank-Restrukturierung für gewöhnlich um angesichts dieser Gemengelage nicht den Überblick zu verlieren, und welche Schnittstellenprobleme gilt es dabei zu lösen?

Dr. Julius Freiherr Grote: Die für die Restrukturierung einer Bank, die staatliche Beihilfen in Anspruch genommen hat, üblichen Meilensteine leiten sich aus der von der EU-Kommission im Juli 2009 veröffentlichten Mitteilung zur Wiederherstellung der Rentabilität und Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor ("Umstrukturierungsmitteilung") ab. Analog zur Restrukturierung von Industrieunternehmen sind Maßnahmen zur Wiederherstellung der Lebensfähigkeit zu initiieren. Derartige Rentabilitätsmaßnahmen beziehen sich u.a. auf die Finanzierungsstrategie, die Assetqualität, das interne Kontrollsystem, einen Verkauf der Bank oder einzelner Geschäftsbereiche oder auf die Einrichtung einer autonomen Good Bank.

Ein weiterer Meilenstein zielt auf eine angemessene Lastenverteilung ("burden sharing") ab. Diese alloziert die mit der Restrukturierung verbundenen Kosten zwischen allen Beteiligten einschließlich eines angemessenen Beitrags der betroffenen Bank. Ein solcher könnte beispielsweise durch Verbot von Dividenden- oder Kuponzahlungen oder Untersagungen, Kapitalinstrumente zu kündigen oder vorzeitig zu beenden, herbeigeführt werden.

Ein dritter Meilenstein umfasst Maßnahmen zur Minimierung von Wettbewerbsverzerrungen, da diese langfristig die Struktur des betreffenden Marktes beeinträchtigen könnten. Als solche sind strukturelle Maßnahmen zur Veräußerung oder Verkleinerung einzelner marktfähiger Einheiten zur Förderung des Markteintritts weiterer Wettbewerber oder Geschäftsbeschränkungen wie beispielsweise Fokussierung von Geschäften auf Kunden mit einer bestimmten Mindestbonität oder eine Beschränkung der Laufzeit neuer Geschäfte aufzuführen.

Sämtliche Maßnahmen sind in einem umfassenden Umstrukturierungsplan zu dokumentieren, dessen termingerechte Umsetzung von einem Treuhänder ("monitoring trustee") überprüft wird. Wesentliche Meilensteine innerhalb eines derartigen Plans stellen dabei nicht nur die hier skizzierten Maßnahmen, sondern auch die für die Umsetzung ausgewählter, teils lokal spezifischer Einzelrestrukturierungsschritte erforderlichen Zustimmungen lokaler Aufsichtsbehörden dar.

Restrukturierungsmagazin: Der schlussendliche Erfolg einer Bankrestrukturierung wird in der Öffentlichkeit meist janusköpfig beurteilt. Entweder wird die leichtfertige Vergesellschaftung von Verlusten und die Verschwendung von Steuergeldern beklagt oder der Erhalt eines systemrelevanten Marktteilnehmers gefeiert. Anhand welcher Kennzahlen wird der tatsächliche Erfolg einer Bankrestrukturierung im Prozessablauf gemessen und wie wird bei den Anspruchsgruppen um Konsens für deren Festlegung geworben?

Dr. Julius Freiherr Grote: Ein Umstrukturierungsplan beschreibt neben der zur Wiederherstellung der Rentabilität erforderlichen Maßnahmen u.a. auch ihre erwarteten Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung bzw. die Bilanz eines in Schieflage befindlichen Instituts. Eine derartige Rechnung umfasst dabei u.a. auch einen Rückzahlungsplan erhaltener Beihilfen im Prozessablauf innerhalb eines mittel- bis langfristigen Zeitablaufs, für die Restrukturierung wesentliche Finanzkennzahlen sowie Sensitivitätsanalysen verschiedener Szenarien.

Als Kennzahlen werden primär ROE, RAROC und CIR verwendet. Die Rentabilität eines Instituts wird üblicherweise mit Hilfe des ROE (Return on Equity) gemessen, der den Jahresüberschuss mit dem Buchwert des Eigenkapitals vergleicht. RAROC (Risk Adjusted Return on Capital) misst die Wertschöpfung eines Instituts unter Berücksichtigung banktypischer Risiken sowohl auf Ebene der Gesamtbank bis hin zu Einzelgeschäften. CIR (Cost Income Ratio) setzt den Verwaltungsaufwand eines Instituts ins Verhältnis zu seinen Erträgen und misst die Effizienz und operative Profitabilität.

Sollte die Rentabilität eines Instituts nicht wiederhergestellt werden können, wird der Umsetzungsplan durch einen Abwicklungsplan ersetzt. Dieser berücksichtigt ergänzend zu den dargelegten Kennzahlen ferner einen möglichst wertschonenden Abbau der verbleibenden Vermögenswerte (value preserving), stets im Spannungsfeld zur dafür verfügbaren Zeit.

© 2014 Krisennavigator. Alle Rechte vorbehalten.
Stand der Informationen: 14. April 2014.


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Klagenfurt - Ob WestLB, HSH Nordbank oder Commerzbank - auch Großbanken bleiben von Schieflagen nicht verschont. In Österreich wurde 2009 die Hypo Alpe Adria verstaatlicht, um weiterhin die gesetzlichen Eigenkapitalvorschriften erfüllen zu können. Doch wie saniert man eigentlich eine Großbank? Im Gespräch mit dem Restrukturierungsmagazin erläutert Dr. Julius Freiherr Grote, wie Kreditinstitute neu ausgerichtet werden. Er leitete seit 2011 zunächst die Abteilung Strategische Projekte, nunmehr die Organisation und das Projektbüro bei der Hypo Alpe Adria in Klagenfurt und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. (DGfKM). Seine Antworten gibt er lösgelöst vom aktuellen Arbeitgeber.

Restrukturierungsmagazin: Bei notleidenden Banken schaltet sich - früher und stärker als bei Unternehmen - die Politik in das Krisenmanagement ein und notverstaatlicht kurzerhand das betreffende Kreditinstitut. Wie unterscheidet sich im Lichte dieser besonderen Eigentümerstruktur das Restrukturierungsmanagement in einer notverstaatlichen Bank von dem in einem notleidenden Industrieunternehmen?

Dr. Julius Freiherr Grote: Ein erster Unterschied der Restrukturierung eines systemrelevanten Bankinstituts gegenüber der eines Industrieunternehmens stellt die Fokussierung auf die finanzielle Restrukturierung mit staatlicher Unterstützung dar. Die öffentliche Hand stellt zur Deckung der aufsichtsrechtlichen Liquiditäts- und Eigenmittelanforderungen Finanzmittel bereit, um auf diese Weise sowohl einen drohenden unkontrollierten Abzug von Kundengeldern ("bank run") als auch eine systemische Ansteckung weiterer - solventer - Institute zu vermeiden.

Ein zweiter Unterschied liegt in der früheren Möglichkeit bankaufsichtsrechtlicher Eingriffe in das insolvenzrechtliche Sanktionssystem bereits unterhalb der Schwelle einer Insolvenzreife, die sowohl eine strategische wie operative Restrukturierung beeinflussen können. Derartige Eingriffe stellen etwa Beschränkungen für Kreditgeschäfte, die Untersagung von Entnahmen durch Inhaber oder die Anweisung risikomindernder Maßnahmen dar.

Ein dritter Unterschied stellt eine noch intensivere Kommunikationsarbeit nicht nur gegenüber Mitarbeitern und Kunden bzw. Öffentlichkeit, sondern speziell auch gegenüber politischen Stakeholdern wie EU-Kommission und Eigentümer sowie – speziell bei internationalen Bankengruppen – eine parallele Kommunikation gegenüber allen betroffenen lokalen Aufsichtsbehörden und Notenbanken dar.

Als Folge der Finanzkrise wird aktuell auf europäischer und nationaler Ebene eine Verfeinerung der Jurisdiktion zur Stabilisierung der Finanzmärkte wie auch zur Bankenrestrukturierung diskutiert. Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission im Jahr 2012 in der Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) ihre Pläne zur Sanierung und Abwicklung von Banken veröffentlicht und Ende Januar 2014 den Entwurf einer Trennbankenverordnung vorgelegt. Auf nationaler Ebene wurde in Deutschland im Jahr 2011 das Restrukturierungsgesetz bzw. im letzten Jahr das Trennbankengesetz verabschiedet, ergänzt durch die im Entwurf vorliegenden Mindestanforderungen an die Erstellung von Sanierungsplänen (MaSan). In Österreich wurde Anfang 2014 das Bankeninterventions- und restrukturierungsgesetz (BIRG) eingeführt.

Im Kern postulieren die aufgeführten Initiativen eine noch präventivere Erstellung von Sanierungs-, Reorganisations- und Abwicklungsplänen, weiterführende aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Frühintervention, Instrumente im Falle einer erforderlichen Abwicklung sowie eine Ausgliederung bestimmter Geschäfte in separate Einheiten. Zusammenfassend wird die Restrukturierung einer Bank im Vergleich zu einem Industrieunternehmen zukünftig noch deutlicher von aufsichtsrechtlichen Eingriffen flankiert werden und auch solvente Institute werden angehalten sein, Sanierungspläne zu erstellen.

Restrukturierungsmagazin: Europäische Großbanken sind zumeist international tätige Konzerne mit einer Vielzahl von Landes- und Tochtergesellschaften, die ihrerseits höchst individuelle aufsichtsrechtliche Vorgaben in den einzelnen Ländern zu beachten haben. Welchen Meilensteinen folgt eine Bank-Restrukturierung für gewöhnlich um angesichts dieser Gemengelage nicht den Überblick zu verlieren, und welche Schnittstellenprobleme gilt es dabei zu lösen?

Dr. Julius Freiherr Grote: Die für die Restrukturierung einer Bank, die staatliche Beihilfen in Anspruch genommen hat, üblichen Meilensteine leiten sich aus der von der EU-Kommission im Juli 2009 veröffentlichten Mitteilung zur Wiederherstellung der Rentabilität und Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor ("Umstrukturierungsmitteilung") ab. Analog zur Restrukturierung von Industrieunternehmen sind Maßnahmen zur Wiederherstellung der Lebensfähigkeit zu initiieren. Derartige Rentabilitätsmaßnahmen beziehen sich u.a. auf die Finanzierungsstrategie, die Assetqualität, das interne Kontrollsystem, einen Verkauf der Bank oder einzelner Geschäftsbereiche oder auf die Einrichtung einer autonomen Good Bank.

Ein weiterer Meilenstein zielt auf eine angemessene Lastenverteilung ("burden sharing") ab. Diese alloziert die mit der Restrukturierung verbundenen Kosten zwischen allen Beteiligten einschließlich eines angemessenen Beitrags der betroffenen Bank. Ein solcher könnte beispielsweise durch Verbot von Dividenden- oder Kuponzahlungen oder Untersagungen, Kapitalinstrumente zu kündigen oder vorzeitig zu beenden, herbeigeführt werden.

Ein dritter Meilenstein umfasst Maßnahmen zur Minimierung von Wettbewerbsverzerrungen, da diese langfristig die Struktur des betreffenden Marktes beeinträchtigen könnten. Als solche sind strukturelle Maßnahmen zur Veräußerung oder Verkleinerung einzelner marktfähiger Einheiten zur Förderung des Markteintritts weiterer Wettbewerber oder Geschäftsbeschränkungen wie beispielsweise Fokussierung von Geschäften auf Kunden mit einer bestimmten Mindestbonität oder eine Beschränkung der Laufzeit neuer Geschäfte aufzuführen.

Sämtliche Maßnahmen sind in einem umfassenden Umstrukturierungsplan zu dokumentieren, dessen termingerechte Umsetzung von einem Treuhänder ("monitoring trustee") überprüft wird. Wesentliche Meilensteine innerhalb eines derartigen Plans stellen dabei nicht nur die hier skizzierten Maßnahmen, sondern auch die für die Umsetzung ausgewählter, teils lokal spezifischer Einzelrestrukturierungsschritte erforderlichen Zustimmungen lokaler Aufsichtsbehörden dar.

Restrukturierungsmagazin: Der schlussendliche Erfolg einer Bankrestrukturierung wird in der Öffentlichkeit meist janusköpfig beurteilt. Entweder wird die leichtfertige Vergesellschaftung von Verlusten und die Verschwendung von Steuergeldern beklagt oder der Erhalt eines systemrelevanten Marktteilnehmers gefeiert. Anhand welcher Kennzahlen wird der tatsächliche Erfolg einer Bankrestrukturierung im Prozessablauf gemessen und wie wird bei den Anspruchsgruppen um Konsens für deren Festlegung geworben?

Dr. Julius Freiherr Grote: Ein Umstrukturierungsplan beschreibt neben der zur Wiederherstellung der Rentabilität erforderlichen Maßnahmen u.a. auch ihre erwarteten Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung bzw. die Bilanz eines in Schieflage befindlichen Instituts. Eine derartige Rechnung umfasst dabei u.a. auch einen Rückzahlungsplan erhaltener Beihilfen im Prozessablauf innerhalb eines mittel- bis langfristigen Zeitablaufs, für die Restrukturierung wesentliche Finanzkennzahlen sowie Sensitivitätsanalysen verschiedener Szenarien.

Als Kennzahlen werden primär ROE, RAROC und CIR verwendet. Die Rentabilität eines Instituts wird üblicherweise mit Hilfe des ROE (Return on Equity) gemessen, der den Jahresüberschuss mit dem Buchwert des Eigenkapitals vergleicht. RAROC (Risk Adjusted Return on Capital) misst die Wertschöpfung eines Instituts unter Berücksichtigung banktypischer Risiken sowohl auf Ebene der Gesamtbank bis hin zu Einzelgeschäften. CIR (Cost Income Ratio) setzt den Verwaltungsaufwand eines Instituts ins Verhältnis zu seinen Erträgen und misst die Effizienz und operative Profitabilität.

Sollte die Rentabilität eines Instituts nicht wiederhergestellt werden können, wird der Umsetzungsplan durch einen Abwicklungsplan ersetzt. Dieser berücksichtigt ergänzend zu den dargelegten Kennzahlen ferner einen möglichst wertschonenden Abbau der verbleibenden Vermögenswerte (value preserving), stets im Spannungsfeld zur dafür verfügbaren Zeit.

© 2014 Krisennavigator. Alle Rechte vorbehalten.
Stand der Informationen: 14. April 2014.

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Letzte Aktualisierung: Dienstag, 10. Dezember 2024

       

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