Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 4 (April) - ISSN 1619-2389
 
 KRISENMAGAZIN
   Zeitschrift für Krisenmanagement,
   Krisenkommunikation und Krisentraining
   ISSN 1867-7541
   www.krisenmagazin.de

"Zwischen Mobilität und Klimaschutz gehört kein oder"

Stuttgart - Rund 12 Millionen Passagiere nutzen jedes Jahr den Flughafen Stuttgart, um über 120 nationale und internationale Ziele zu erreichen. Der Flughafen selbst verfolgt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie - hin zum "Fairport". Dennoch haben am Freitag, 26. Juli 2019, dem letzten Schultag in Baden-Württemberg vor den Sommerferien, rund 250 Aktivisten von Fridays For Future lautstark am Flughafen für höhere Flugpreise demonstriert. Johannes Schumm, Leiter der Unternehmenskommunikation der Flughafen Stuttgart GmbH, erläutert im Rahmen des Krisenkommunikationsgipfel 2020 in Stuttgart, wie der Flughafen kommunikativ auf die Proteste reagiert hat.

Krisenmagazin: Der Flughafen Stuttgart ist u.a. Mitglied im Global Compact der Vereinten Nationen und hat sich der Airport Carbon Accreditation (ACA) angeschlossen, einer vom Dachverband der europäischen Verkehrsflughäfen gestarteten Klimaschutzinitiative. Auch vor Ort am Flughafen versuchen Sie nach Kräften, Lärm, Treibhausgase, Energieverbrauch und Abfälle zu reduzieren und das Fliegen klimafreundlicher zu machen. Fühlen Sie sich von den Aktivisten falsch verstanden?

Johannes Schumm: Ganz und gar nicht – wir kämpfen für dieselbe Sache. Klimaschutz ist enorm wichtig. Am Boden tun wir alles, was für einen klimaneutralen Flughafenbetrieb möglich ist und engagieren uns dafür schon lange in verschiedenen Netzwerken. Die wieder angefachte Debatte kann auch unsere Gesellschaft mit Blick auf ihre Klimabilanz zum Nachdenken und Handeln bringen. So können wir zum Beispiel feststellen, dass deutlich mehr Menschen die Emissionen ihrer Flüge freiwillig kompensieren als noch vor anderthalb Jahren. Darum halten wir es für wichtig, für Klimaschutz beim Reisen zu sensibilisieren. Auch wir als Flughafen geben Tipps für klimabewusstes Reisen. Unsere Dienstflüge kompensieren wir seit Jahren, denn wir wollen Vorbild sein.

Krisenmagazin: Die Energie- und Mobilitätswende hat bereits zu massiven Stellenstreichungen in anderen Branchen geführt - beispielsweise in der Automobilindustrie und Energiewirtschaft. Auch am Flughafen Stuttgart sind rund 11.000 Menschen in mehr als 300 Unternehmen und Behörden beschäftigt. Wie gehen Sie kommunikativ mit einer möglichen Verunsicherung im Kreis der Mitarbeiter durch die "Flugscham"-Debatte um?

Johannes Schumm: Die Debatte über Flugscham wird sehr emotional geführt. Wir beobachten aber nicht, dass sich das im Reiseverhalten und damit in den Passagierzahlen niederschlägt. Ganz im Gegenteil: Es fliegen so viele Menschen wie noch nie. Umso wichtiger ist es, dass wir als Branche die Haltung einnehmen, diesen Mobilitätsauftrag so klimaschonend wie möglich zu erfüllen. Diese Herausforderung wird eher noch zusätzliche Jobs schaffen. Zwischen Mobilität und Klimaschutz gehört kein "oder".

Krisenmagazin: Der Flughafen Stuttgart ist ein vergleichsweise kleines Glied in der sehr komplexen Wertschöpfungskette der internationalen Luftverkehrswirtschaft. Weder legen Sie die Flugpreise fest, noch bestimmen Sie die Flugzeugtypen oder die Nachfrage nach Flugreisen. Was raten Sie anderen Branchen, die ebenfalls mit nur schwer erfüllbaren Forderungen von Klimaaktivisten konfrontiert werden, um die Situation kommunikativ zu entschärfen?

Johannes Schumm: Kommunikation allein reicht da nicht – es geht zunächst ums Handeln. Klimaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe, besonders in einem so komplexen Gefüge wie dem Luftverkehr. Um Emissionen zu reduzieren, tun wir alles, was in unserem eigenen Einflussbereich steht und setzen auch dort Anreize, wo wir indirekte Einflussmöglichkeiten auf unsere Partner haben. Unsere kommunikative Aufgabe besteht darin, was wir tun für unsere Stakeholder transparent und nachvollziehbar darzulegen. Vielen reicht das nicht. Aber nur so entstehen Glaubwürdigkeit und Vertrauen – beides brauchen wir in der Kommunikation um unserer Vorreiterrolle als fairport STR auch gerecht zu werden. Unglaubwürdige Aktionen sind der falsche Ansatz.

© 2020 Krisennavigator. Alle Rechte vorbehalten.
Stand der Informationen: 16. Januar 2020.


Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
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Stuttgart - Rund 12 Millionen Passagiere nutzen jedes Jahr den Flughafen Stuttgart, um über 120 nationale und internationale Ziele zu erreichen. Der Flughafen selbst verfolgt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie - hin zum "Fairport". Dennoch haben am Freitag, 26. Juli 2019, dem letzten Schultag in Baden-Württemberg vor den Sommerferien, rund 250 Aktivisten von Fridays For Future lautstark am Flughafen für höhere Flugpreise demonstriert. Johannes Schumm, Leiter der Unternehmenskommunikation der Flughafen Stuttgart GmbH, erläutert im Rahmen des Krisenkommunikationsgipfel 2020 in Stuttgart, wie der Flughafen kommunikativ auf die Proteste reagiert hat.

Krisenmagazin: Der Flughafen Stuttgart ist u.a. Mitglied im Global Compact der Vereinten Nationen und hat sich der Airport Carbon Accreditation (ACA) angeschlossen, einer vom Dachverband der europäischen Verkehrsflughäfen gestarteten Klimaschutzinitiative. Auch vor Ort am Flughafen versuchen Sie nach Kräften, Lärm, Treibhausgase, Energieverbrauch und Abfälle zu reduzieren und das Fliegen klimafreundlicher zu machen. Fühlen Sie sich von den Aktivisten falsch verstanden?

Johannes Schumm: Ganz und gar nicht – wir kämpfen für dieselbe Sache. Klimaschutz ist enorm wichtig. Am Boden tun wir alles, was für einen klimaneutralen Flughafenbetrieb möglich ist und engagieren uns dafür schon lange in verschiedenen Netzwerken. Die wieder angefachte Debatte kann auch unsere Gesellschaft mit Blick auf ihre Klimabilanz zum Nachdenken und Handeln bringen. So können wir zum Beispiel feststellen, dass deutlich mehr Menschen die Emissionen ihrer Flüge freiwillig kompensieren als noch vor anderthalb Jahren. Darum halten wir es für wichtig, für Klimaschutz beim Reisen zu sensibilisieren. Auch wir als Flughafen geben Tipps für klimabewusstes Reisen. Unsere Dienstflüge kompensieren wir seit Jahren, denn wir wollen Vorbild sein.

Krisenmagazin: Die Energie- und Mobilitätswende hat bereits zu massiven Stellenstreichungen in anderen Branchen geführt - beispielsweise in der Automobilindustrie und Energiewirtschaft. Auch am Flughafen Stuttgart sind rund 11.000 Menschen in mehr als 300 Unternehmen und Behörden beschäftigt. Wie gehen Sie kommunikativ mit einer möglichen Verunsicherung im Kreis der Mitarbeiter durch die "Flugscham"-Debatte um?

Johannes Schumm: Die Debatte über Flugscham wird sehr emotional geführt. Wir beobachten aber nicht, dass sich das im Reiseverhalten und damit in den Passagierzahlen niederschlägt. Ganz im Gegenteil: Es fliegen so viele Menschen wie noch nie. Umso wichtiger ist es, dass wir als Branche die Haltung einnehmen, diesen Mobilitätsauftrag so klimaschonend wie möglich zu erfüllen. Diese Herausforderung wird eher noch zusätzliche Jobs schaffen. Zwischen Mobilität und Klimaschutz gehört kein "oder".

Krisenmagazin: Der Flughafen Stuttgart ist ein vergleichsweise kleines Glied in der sehr komplexen Wertschöpfungskette der internationalen Luftverkehrswirtschaft. Weder legen Sie die Flugpreise fest, noch bestimmen Sie die Flugzeugtypen oder die Nachfrage nach Flugreisen. Was raten Sie anderen Branchen, die ebenfalls mit nur schwer erfüllbaren Forderungen von Klimaaktivisten konfrontiert werden, um die Situation kommunikativ zu entschärfen?

Johannes Schumm: Kommunikation allein reicht da nicht – es geht zunächst ums Handeln. Klimaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe, besonders in einem so komplexen Gefüge wie dem Luftverkehr. Um Emissionen zu reduzieren, tun wir alles, was in unserem eigenen Einflussbereich steht und setzen auch dort Anreize, wo wir indirekte Einflussmöglichkeiten auf unsere Partner haben. Unsere kommunikative Aufgabe besteht darin, was wir tun für unsere Stakeholder transparent und nachvollziehbar darzulegen. Vielen reicht das nicht. Aber nur so entstehen Glaubwürdigkeit und Vertrauen – beides brauchen wir in der Kommunikation um unserer Vorreiterrolle als fairport STR auch gerecht zu werden. Unglaubwürdige Aktionen sind der falsche Ansatz.

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Stand der Informationen: 16. Januar 2020.

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