Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 3 (März) - ISSN 1619-2389
 
 KRISENMAGAZIN
   Zeitschrift für Krisenmanagement,
   Krisenkommunikation und Krisentraining
   ISSN 1867-7541
   www.krisenmagazin.de

"Wir werden als moralische Instanz gesehen und daher werden die Maßstäbe sehr hoch gelegt"

Bonn - Ob "18.000 Unterschriften gegen den Katholikentag in Leipzig", "547 Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen" oder "31-Millionen-Euro-Prachtbau im Bistum Limburg" - die Liste der Negativschlagzeilen rund um die katholische Kirche reißt nicht ab. Ist die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bischofskonferenz mittlerweile zur Krisenkommunikation rund um die Uhr geworden oder schreiben die Medien die katholische Kirche einfach nur in die Dauerkrise? Antworten auf diese Fragen gibt Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, beim Krisenkommunikationsgipfel 2019 am 20. März 2019 in Köln.

Krisenmagazin: 27 Bistümer und 11.500 Pfarrgemeinden gibt es in Deutschland. Hinzukommen 400 Kliniken, 900 Schulen und 24,6 Millionen Gläubige. Wie stellt die katholische Kirche angesichts dieser Dimensionen und Stimmenvielfalt eine einheitliche Kommunikation im Krisenfall sicher?

Matthias Kopp: Die katholische Kirche in Deutschland hat durch zurückliegende Krisen gelernt. Besonders im Jahr 2010, als die Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen öffentlich wurden, mussten wir viel und hart lernen, vor allem was es heißt, bei aller Pluralität der Stimmen "one voice to the customer" zu praktizieren. Das ist nicht einfach, aber wir haben uns mittlerweile gut vernetzt, d.h. die Pressestellen der 27 Bistümer, der Hilfswerke und der Bischofskonferenz. Mit einer Art Frühwarnsystem versuchen wir, uns frühzeitig abzustimmen und strategisch zu kommunizieren. Allerdings muss man auch wissen, dass es "die" katholische Kirche nicht gibt. Es gibt zwar die Deutsche Bischofskonferenz, aber jedes Bistum ist eine unabhängige Größe, die nur dem Papst untersteht. Deshalb ist die Vernetzung auch dahin wichtig: nach Rom, in die EKD usw.

Krisenmagazin: Umstrittene Erster-Klasse-Upgrades (wie beim Limburger Bischof auf dem Weg zu sozialen Projekten in Indien) oder aufsehenerregende Kündigungsverfahren (wie nach der Wiederheirat des geschiedenen Chefarztes eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf) gibt es auch in Unternehmen und Behörden. Ereignen sich bei der katholischen Kirche wirklich mehr Krisen- und Skandalfälle oder schauen die Medien bei Ihnen einfach nur besonders genau hin?

Matthias Kopp: Ich glaube, dass die katholische Kirche mit der ganzen Vielfalt von Einrichtungen und Themen ähnlich krisenanfällig ist, wie Großunternehmen oder die Politik. Mit fast einer Million Mitarbeiter sind wir einer der größten Arbeitgeber in unserem Land. Nur: Wir werden vor allem (und zurecht) als moralische Instanz gesehen und daher werden die Maßstäbe der Beurteilung an uns sehr hoch gelegt. Als moralische Instanz haben wir mit dem schon angesprochenen Jahr 2010 nicht nur Fehler gemacht, sondern auch viel Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der Öffentlichkeit verloren. Daran müssen wir weiter arbeiten!

Krisenmagazin: Trotzdem scheint sich die katholische Kirche in einer tiefen Vertrauenskrise zu befinden, wenn sogar der Passauer Bischof Stefan Oster ernüchternd feststellt: "Die Entfremdung der jungen Generation nimmt zu, die Älteren sterben weg. Keiner braucht noch die Kirche." Mit welcher Strategie der Krisenkommunikation wollen Sie wieder mehr Menschen für die Kirche begeistern?

Matthias Kopp: Wir müssen erklären, erklären, erklären. Und zwar was wir tun, warum wir es tun und wie wir es tun. Manchmal fühle ich mich als Erklär-Agentur, wenn ich versuche, Medien theologische oder kirchenrechtliche Zusammenhänge zu erläutern oder über die Verwendung unserer finanziellen Mittel transparent zu informieren. Dabei spielen unsere Internetauftritte wie auch die Katholische Nachrichtenagentur eine ganz zentrale Rolle. Strategisch kann ich nur kommunizieren, wenn ich erkläre – und zwar so, dass man es versteht. Deshalb muss es unsere Aufgabe sein, darzustellen, warum es die Kirche braucht, welche Verantwortung sie in Staat und Gesellschaft – z.B. im schulischen oder caritativen Sektor – wahrnimmt, warum Seelsorge, Begleitung von Menschen in Krisensituationen – denken Sie nur an unsere Notfallseelsorger bei Katastrophen – wichtige Aufgaben sind, die man nicht delegieren kann. Tu Gutes und sprich darüber, das muss unsere Devise sein.

© 2017 Krisennavigator. Alle Rechte vorbehalten.
Stand der Informationen: 31. Dezember 2017.


Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
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Krisenmagazin: 27 Bistümer und 11.500 Pfarrgemeinden gibt es in Deutschland. Hinzukommen 400 Kliniken, 900 Schulen und 24,6 Millionen Gläubige. Wie stellt die katholische Kirche angesichts dieser Dimensionen und Stimmenvielfalt eine einheitliche Kommunikation im Krisenfall sicher?

Matthias Kopp: Die katholische Kirche in Deutschland hat durch zurückliegende Krisen gelernt. Besonders im Jahr 2010, als die Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen öffentlich wurden, mussten wir viel und hart lernen, vor allem was es heißt, bei aller Pluralität der Stimmen "one voice to the customer" zu praktizieren. Das ist nicht einfach, aber wir haben uns mittlerweile gut vernetzt, d.h. die Pressestellen der 27 Bistümer, der Hilfswerke und der Bischofskonferenz. Mit einer Art Frühwarnsystem versuchen wir, uns frühzeitig abzustimmen und strategisch zu kommunizieren. Allerdings muss man auch wissen, dass es "die" katholische Kirche nicht gibt. Es gibt zwar die Deutsche Bischofskonferenz, aber jedes Bistum ist eine unabhängige Größe, die nur dem Papst untersteht. Deshalb ist die Vernetzung auch dahin wichtig: nach Rom, in die EKD usw.

Krisenmagazin: Umstrittene Erster-Klasse-Upgrades (wie beim Limburger Bischof auf dem Weg zu sozialen Projekten in Indien) oder aufsehenerregende Kündigungsverfahren (wie nach der Wiederheirat des geschiedenen Chefarztes eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf) gibt es auch in Unternehmen und Behörden. Ereignen sich bei der katholischen Kirche wirklich mehr Krisen- und Skandalfälle oder schauen die Medien bei Ihnen einfach nur besonders genau hin?

Matthias Kopp: Ich glaube, dass die katholische Kirche mit der ganzen Vielfalt von Einrichtungen und Themen ähnlich krisenanfällig ist, wie Großunternehmen oder die Politik. Mit fast einer Million Mitarbeiter sind wir einer der größten Arbeitgeber in unserem Land. Nur: Wir werden vor allem (und zurecht) als moralische Instanz gesehen und daher werden die Maßstäbe der Beurteilung an uns sehr hoch gelegt. Als moralische Instanz haben wir mit dem schon angesprochenen Jahr 2010 nicht nur Fehler gemacht, sondern auch viel Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der Öffentlichkeit verloren. Daran müssen wir weiter arbeiten!

Krisenmagazin: Trotzdem scheint sich die katholische Kirche in einer tiefen Vertrauenskrise zu befinden, wenn sogar der Passauer Bischof Stefan Oster ernüchternd feststellt: "Die Entfremdung der jungen Generation nimmt zu, die Älteren sterben weg. Keiner braucht noch die Kirche." Mit welcher Strategie der Krisenkommunikation wollen Sie wieder mehr Menschen für die Kirche begeistern?

Matthias Kopp: Wir müssen erklären, erklären, erklären. Und zwar was wir tun, warum wir es tun und wie wir es tun. Manchmal fühle ich mich als Erklär-Agentur, wenn ich versuche, Medien theologische oder kirchenrechtliche Zusammenhänge zu erläutern oder über die Verwendung unserer finanziellen Mittel transparent zu informieren. Dabei spielen unsere Internetauftritte wie auch die Katholische Nachrichtenagentur eine ganz zentrale Rolle. Strategisch kann ich nur kommunizieren, wenn ich erkläre – und zwar so, dass man es versteht. Deshalb muss es unsere Aufgabe sein, darzustellen, warum es die Kirche braucht, welche Verantwortung sie in Staat und Gesellschaft – z.B. im schulischen oder caritativen Sektor – wahrnimmt, warum Seelsorge, Begleitung von Menschen in Krisensituationen – denken Sie nur an unsere Notfallseelsorger bei Katastrophen – wichtige Aufgaben sind, die man nicht delegieren kann. Tu Gutes und sprich darüber, das muss unsere Devise sein.

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Stand der Informationen: 31. Dezember 2017.

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