Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 4 (April) - ISSN 1619-2389
 

"Ungewollt in den Schlagzeilen" –
Presserechtliche Strategien
bei nicht willkommener Medienpräsenz

von Dr. Birgit Brömmekamp

Überblick

Die Zeitschrift "Focus" berichtete im Jahr 1999, dass gegen Dr. Friedel Neuber, den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank (WestLB), wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt werde. Obwohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Zeit des Focus-Berichts nicht abgeschlossen waren, behauptete die Zeitschrift, "Justizkreise" gingen von einer Anklageerhebung gegen WestLB-Manager aus.

Die Entscheidung eines Unternehmens, sich gegen unerwünschte Berichterstattung zur Wehr zu setzen, hängt von der Abwägung rechtlicher und strategischer Fragen im individuellen Fall ab. Das Presserecht unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung. Während erstere zu Gunsten der Redefreiheit schwer angreifbar ist, kann gegen letztere nach Widerlegung der Aussagen vorgegangen werden.

Der WestLB wurde von der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage bestätigt, dass zum Zeitpunkt des Berichts keine Anklage bevorstand. Die Landesbank ging daraufhin gegen den "Focus" vor. Die Zeitschrift stand damit vor dem Dilemma, die Richtigkeit ihrer Behauptung einerseits nur durch Nennung ihrer Informanten nachweisen zu können, andererseits jedoch durch den Kodex des Deutschen Presserates zur Geheimhaltung ihrer Quellen verpflichtet zu sein.

Da der "Focus" im betreffenden Bericht keine eigene Prognose ausgesprochen hatte, sondern sich auf "Justizkreise" berief, handelte es sich hier um eine Behauptung falscher Tatsachen. Um Folgeberichterstattungen – auch durch andere Medien – so schnell wie möglich zu verhindern, stellte die WestLB den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung. Diesem wurde stattgegeben. Weder das Landgericht Köln noch das Oberlandesgericht Köln teilten damit die Auffassung der Zeitschrift, dass die Geheimhaltung der Informationsquellen entsprechend der Pressefreiheit Journalisten vor den rechtlichen Folgen ihres Handelns schützt.

Über die Autorin

Dr. Birgit Brömmekamp ist Rechtsanwältin in Köln und spezialisiert auf Presse-, Urheber- und Wettbewerbsrecht.



Dr. Birgit Brömmekamp

Langfassung

Die ausführliche Fallstudie mit zahlreichen Detailinformationen ist im folgenden Sammelband enthalten:

Frank Roselieb / Marion Dreher (Hrsg.),
Krisenmanagement in der Praxis:
Von erfolgreichen Krisenmanagern lernen,
Erich Schmidt Verlag, Berlin,
2008, 276 Seiten, EUR 49,95
ISBN 978-3-503-10090-3

| Inhalt | Bestellen |

Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
10. Jahrgang (2007), Ausgabe 9 (September)


Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
© Krisennavigator 1998-2024. Alle Rechte vorbehalten. ISSN 1619-2389.
Internet:
www.krisennavigator.de | E-Mail: poststelle@ifk-kiel.de

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Presserechtliche Strategien
bei nicht willkommener Medienpräsenz

von Dr. Birgit Brömmekamp

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Die Zeitschrift "Focus" berichtete im Jahr 1999, dass gegen Dr. Friedel Neuber, den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Westdeutschen Landesbank (WestLB), wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt werde. Obwohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Zeit des Focus-Berichts nicht abgeschlossen waren, behauptete die Zeitschrift, "Justizkreise" gingen von einer Anklageerhebung gegen WestLB-Manager aus.

Die Entscheidung eines Unternehmens, sich gegen unerwünschte Berichterstattung zur Wehr zu setzen, hängt von der Abwägung rechtlicher und strategischer Fragen im individuellen Fall ab. Das Presserecht unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung. Während erstere zu Gunsten der Redefreiheit schwer angreifbar ist, kann gegen letztere nach Widerlegung der Aussagen vorgegangen werden.

Der WestLB wurde von der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage bestätigt, dass zum Zeitpunkt des Berichts keine Anklage bevorstand. Die Landesbank ging daraufhin gegen den "Focus" vor. Die Zeitschrift stand damit vor dem Dilemma, die Richtigkeit ihrer Behauptung einerseits nur durch Nennung ihrer Informanten nachweisen zu können, andererseits jedoch durch den Kodex des Deutschen Presserates zur Geheimhaltung ihrer Quellen verpflichtet zu sein.

Da der "Focus" im betreffenden Bericht keine eigene Prognose ausgesprochen hatte, sondern sich auf "Justizkreise" berief, handelte es sich hier um eine Behauptung falscher Tatsachen. Um Folgeberichterstattungen – auch durch andere Medien – so schnell wie möglich zu verhindern, stellte die WestLB den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung. Diesem wurde stattgegeben. Weder das Landgericht Köln noch das Oberlandesgericht Köln teilten damit die Auffassung der Zeitschrift, dass die Geheimhaltung der Informationsquellen entsprechend der Pressefreiheit Journalisten vor den rechtlichen Folgen ihres Handelns schützt.

Über die Autorin

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Langfassung

Die ausführliche Fallstudie mit zahlreichen Detailinformationen ist im folgenden Sammelband enthalten:

Frank Roselieb / Marion Dreher (Hrsg.),
Krisenmanagement in der Praxis:
Von erfolgreichen Krisenmanagern lernen,
Erich Schmidt Verlag, Berlin,
2008, 276 Seiten, EUR 49,95
ISBN 978-3-503-10090-3

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10. Jahrgang (2007), Ausgabe 9 (September)

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